Kann nichts mehr machen

Kann nichts mehr machen – Radio Z

Außer Schreiben kann ich eigentlich nichts machen; selbst das ist so anstrengend, dass alles in mir aufhören möchte, aber dann kann ich nur noch an die Hitze denken. Ich sitze auf meinem Bett, die Vorhänge zugezogen, meine Katze Polkka neben mir. Sie hechelt wie ein Hund. Seit Tagen wird es tagsüber bis zu 48 Grad heiß, auch nachts sinkt die Temperatur kaum unter die 40er-Grenze. Ich mache die Fenster nur nachts ein bisschen auf, aber nur ein paar Stunden, die Feinstaubbelastung ist so hoch, dass ich sonst morgens grauen Schleim auswürge. Polkka hat Atemprobleme; sie ist nicht mehr die Jüngste und versteht nicht, warum ich ihr nicht helfe. Aber ich kann nicht. Ich schwitze so sehr, dass mein Arm die Tinte verschmiert, die ich hier gerade zu Papier bringe. Die Hitzewelle dauert nun schon mehrere Monate lang an, und das Wasser wurde rationiert. 2,5 Liter stehen mir pro Tag zum Trinken zu; einen halben Liter gebe ich der Katze. Wenn ich aufstehe, wird mir schwarz vor Augen, also verbringe ich den ganzen Tag ausgestreckt auf meinem Bett. In die Arbeit kann ich sowieso nicht gehen, die Uni wird die vorlesungsfreie Zeit auf unbestimmte Dauer verlängern, da schon im letzten Semester mehrere Student*innen kollabiert sind. Es gibt keine Klimaanlagen.

Die Wohnung ist so schlecht isoliert, dass ich das Gefühl habe, mit jedem Atemzug heißen Sand zu inhalieren. Ich kann nicht schlafen, ich kann nicht denken. Schweiß fließt über meinen ganzen Körper, ich habe das Gefühl, ich klebe fest. Die Wände und die Decke meines kleinen Zimmers scheinen immer näher zu kommen. Manchmal denke ich, ich kann die Hitze hören, ein hohes, schwindelerregendes Summen in meinen Ohren. Die arme Katze japst nach Luft. Ich überlege, aufzustehen, aber ich kann ihr eh nicht helfen; das wenige Wasser, das mir fürs Waschen erlaubt ist, trage ich auf Handtücher auf und wickle uns beide nachts darin ein, aber es hilft nicht viel. Der Kühlschrank funktioniert nicht mehr, wegen der Überlastung des Stromnetzes […]. Ich schließe die Augen; vor meinen Lidern zeichnen sich rote Blitze ab, die Hitze lebt unter meiner Haut. Ich strecke meine schweißige Hand nach Polkka aus und kraule ihr ein bisschen den Nacken, darauf bedacht, nicht zu viel Körperkontakt aufzubauen, der uns beide noch weiter erhitzen könnte. […] Ich denke, ich werde versuchen zu schlafen. Etwas anderes kann ich ja eh nicht tun.

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